Herzlich willkommen Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven
Herzlich willkommen Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven

(Einkommens-)Gerechtigkeit?

Alle Jahre wieder bricht sie erneut los, die Diskussion um zu hohe, ungerechtfertigte, unsoziale Managergehälter. Der Anlass im Januar 2019: Der scheidende Daimler-Chef Dieter Zetsche soll 4.200 EUR "Rente" bekommen - pro Tag! Jährlich 1,55 Mio. Euro! Alle Welt regt sich auf. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert neue Richtlinien gegen die Maßlosigkeit von Managern. Andere kommen in unserer Gesellschaft (und erst recht weltweit betrachtet) mit dem Wenigen, das sie haben bzw. monatlich bekommen, kaum über die Runden. Wo bleibt die Gerechtigkeit, um die es doch auch in unserer Bibel immer wieder geht?
 
Teilen mit den Armen? An andere vom eigenen Überfluss abgeben? Sozialgerechtigkeit nicht "irgendwo" weltweit, sondern direkt hier bei uns in Deutschland? Sind Millioneneinkünfte Einzelner gerecht(fertigt)? Oder spricht hier nur der Neid der Unfähigen oder (Arbeits-)Unwilligen? Manche fordern, Parteien streiten: Spitzensteuer auf 49% erhöhen? Oder 45% oder 55%? Oder Gehälter von Managern nach oben hin begrenzen! Andere sehen darin den sozialistisch-kommunistischen Teufel heraufbeschwört.
Meines Erachtens liegt die Lösung alleine in einem einen sehr viel höheren Spitzensteuersatz von – sagen wir – 90%, dies allerdings erst ab einem Jahreseinkommen (JE), das kein Ausdruck von persönlicher Leistungsfähigkeit mehr sein kann. Eine Verhinderung von überzogenen JE und damit eine Neidprävention können nur über eine hohe Spitzensteuer für extrem hohe JE erreicht werden. Keine natürliche Person benötigt mehr als – z.B. - 500.000.-EUR p.a. frei verfügbares NettoJE zum Leben. Kein Mensch kann innerhalb seiner Arbeitszeit Leistungen erbringen, die p.a. mehr als eine Mio. EUR an finanz. Gegenleistung verdienen - sei die (positive) Auswirkung seiner Arbeit auch noch so wertvoll. Wer mehr bezieht, hat den Großteil davon via Einkommenssteuer an die Gemeinschaft abzugeben. Von einer On-Top-Jahrestantieme in Höhe von z.B. einer Mio. EUR bleiben dem Topmanager dann noch 100.000 EUR nach Steuern (und dem Staat fürs Gemeinwohl 900.000 EUR) - und das ist genug bzw. dann gar nicht mehr sinnvoll, so dass sein Arbeitgeber die Mio. vielleicht sinnvoller für anderes als für Spitzenmanagergehälter ausgibt. Eine solche Abschöpfung von Spitzenentgelten löst sämtliche Probleme mit ungerechtfertigten Entgelten für Manager, Banker, Fußballspieler, Sänger, Top-Modells, Abfindungen, Ex-Bundespräsidenten etc.

Dafür müssen die sog. Leistungsträger in der Mittelschicht, deren JE bei 40.000 bis 100.000 EUR liegen, steuerlich entlastet werden, damit sich deren (Mehr-)Leistung lohnt.

Die o.g. JE-Grenzen können - je nach politischem Konsens - abweichend festgelegt werden: Die Linken mögen die 90% Einkommenssteuer schon bei 500.000 EUR JE setzen wollen, die FDP ggf. erst ab 2 Mio. EUR, aber eine - wie auch immer im Detail - angemessen festgelegte Grenze, ab der persönliche Einkünfte (inkl. Lottogewinne!) zum größten Teil wegbesteuert werden, ist der einzige Weg, um die zurecht kritisierten schlechten Auswüchse der Marktwirtschaft zu unterbinden und gleichzeitig Steuerentlastungen für die Mittelschicht zu finanzieren und somit letztlich für eine "gerechtere" Einkommensverteilung (ganz im Sinne eines staatlich organisierten, christlichen Teilens) sorgen zu können.

Das Argument der Gegner hoher Spitzensteuersätze ist die Angst um die Abwanderung von Top-Kräften (egal ob in der Wirtschaft oder im Sport) weg von Deutschland. Ich aber sage: keine Sorge - es finden sich auch weiterhin genügend fähige Köpfe, die für eine Mio. EUR JE als Banker, Manager, TV-Star oder Fußballprofi in Deutschland Karriere machen und Top-Leistung bringen wollen, denn der Grenznutzen jeder weiteren Einkommenszahlung geht ab den genannten Größenordnungen für die zahlenden Unternehmen und die Gesellschaft gegen Null ...

Gerne würde ich mehr über die Position unserer Kirche zu dieser Frage lesen ... Wurde im Vorfeld des für uns so bedeutenden Ersten Vatikanischen Konzils das Thema "Sozialgerechtigkeit" noch sehr kontrovers diskutiert und auch mit dem vom Lehramt verurteilten "Modernismus" in Verbindung gebracht, so hat sich die katholische Soziallehre später ja intensiv dieser Gerechtigkeitsfrage angenommen.
.
.
(Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Prof. Dr. Kirstges wieder. Er wurde in seiner Ursprungsversion erstmals 2012 publiziert im Forum "Zukunftsdialog" der Bundeskanzlerin, siehe 
https://www.dialog-ueber-deutschland.de/ql?cms_idIdea=10207 )

 

Ein Beitrag der SZ dazu:

Am 9.6.2023 veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung (SZ) einen interessanten Beitrag zum Thema „Ungleichheit - Steuergerechtigkeit“ (Markus Zydra, Ungleichheit - Und raus seid ihr). Darin wird bestätigt, wie groß die Vermögensungleichheit in Deutschland ist und dass manche „Überreiche“ selbst höhere Steuern verlangen. Unverständlich ist, dass in der Vergangenheit (z.B. Finanzkrise 2008) die Allgemeinheit die Kosten der wirtschaftlichen Katastrophen übernahm; diese Ereignisse markierten laut SZ den Bruch vieler Bürger mit dem Liberalismus. Die wachsende soziale Ungleichheit führe zu politischer Ungleichheit, was die Stabilität der Demokratie gefährde. Die sozialen Schieflagen befördern die „demokratische Rezession“. Viele Menschen bezweifeln den Nutzen der Demokratie. „Der Triumph der Steuer-Ungerechtigkeit ist eine Absage an die Demokratie“. Die Stimmung, ist aggressiv, die Debatten sind unversöhnlicher als früher. „In der Geschichte war die massive Ungleichverteilung des Wohlstandes stets Mitauslöser von Aufständen in Gesellschaften. Die französischen Gelbwesten sind eine rabiate Ausdrucksform, die wachsende Zahl der Nicht-Wähler eine andere. Dazu kommen Protestwähler. In Schweden und Italien sind Rechtspopulisten an der Macht. In Deutschland wächst die Anhängerschaft der AfD.“ Einfache Botschaften von populistischen Politikern, in denen auch die ungleichen Vermögensverhältnisse mitschwingen, erreichen ihr Ziel.

 

Zwischen den 1930er- und den 1980er-Jahren betrug der Spitzensteuersatz in den USA im Durchschnitt 78 Prozent. Nichts spricht dagegen, diese Maßnahme erneut umzusetzen, auch in Deutschland und Europa.

 

Insofern unterstützt die Argumentation dieses SZ-Berichts die Forderungen des Homepagebetreibers nach einem höheren Spitzensteuersatz auf Einkommen; letzterer lehnt jedoch eine (höhere) Vermögenssteuer ab, weil das Vermögen i.d.R. aus bereits versteuertem Einkommen aufgebaut wurde und nicht „wegbesteuert“ werden sollte.

 

Für Rechenkünstler: ein möglicher Steuertarif:

Auch wenn dies die grundsätzlichen Überlegungen zur (Einkommens-)Gerechtigkeit sprengt, soll nachfolgendes Rechenbeispiel die konkreten Auswirkungen des vorstehend skizzierten Ansatzes zeigen.

 

Hintergrund:

  • Nachfolgend ein einfaches, für jeden verständliches und leicht berechenbares Steuermodell.
  • Der Grundfreibetrag beträgt 10.000.-EUR Jahreseinkommen.
  • Die Steuersätze betragen - jeweils ab bestimmten Jahreseinkommen - 20% bzw. 30% bzw. 50% bzw. 90% für jeden über die jeweilige Grenze hinaus verdienten Euro. Es wird immer nur das Mehreinkommen mit dem höheren Satz besteuert.
  • Die hier gezogenen Einkommensgrenzen (10.000 / 50.000 / 100.000 / 1 Mio.) können auch abweichend festgelegt werden (je nach politischem Willen). Sie werden alle fünf Jahre angepasst (Inflation etc. berücksichtigen, gegen "kalte Progression").
  • Jede natürliche Person wird derart besteuert (nicht jedoch Unternehmensgewinne, die nicht an natürliche Personen ausgeschüttet werden - die Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist anders/separat zu regeln).
  • Ehegatten-/Familiensplitting etc. sind davon unabhängig gültig/zu regeln. Eine Möglichkeit zur Familienförderung wäre z.B. ein kinderbezogenes Steuersplitting (statt Ehegattensplitting), d.h. ähnlich wie heute die Anrechnung der Kinderfreibeträge zum Steuerpflichtigen wird das zu versteuernde Einkommen auf die Zahl der zuzurechnenden Kinder (nicht aber auf die Ehegatten) mitverteilt.

Steuer S in Abhängigkeit vom zu versteuernden Jahreseinkommen E:

 

  • Für E < 10.000 EUR:                                 S = 0.-EUR

 

  • Für 10.000 EUR <= E < 50.000 EUR:          S = (E – 10.000) * 20%

 

  • Für 50.000 EUR <= E < 100.000 EUR:        S = 8.000 + (E – 50.000) * 30%

 

  • Für 100.000 EUR <= E < 1.000.000 EUR:   S = 23.000 + (E – 100.000) * 50%

 

  • Für 1.000.000 EUR <= E:                         S = 473.000 + (E – 1.000.000) * 90%
Einkommen E Steuer S Netto-Einkommen Durchschnittsteuersatz
5.000 0 5.000 0,0%
10.000 0 10.000 0,0%
15.000 1.000 14.000 6,7%
20.000 2.000 18.000 10,0%
30.000 4.000 26.000 13,3%
40.000 6.000 34.000 15,0%
50.000 8.000 42.000 16,0%
60.000 11.000 49.000 18,3%
70.000 14.000 56.000 20,0%
80.000 17.000 63.000 21,3%
90.000 20.000 70.000 22,2%
100.000 23.000 77.000 23,0%
110.000 28.000 82.000 25,5%
120.000 33.000 87.000 27,5%
130.000 38.000 92.000 29,2%
140.000 43.000 97.000 30,7%
150.000 48.000 102.000 32,0%
160.000 53.000 107.000 33,1%
170.000 58.000 112.000 34,1%
180.000 63.000 117.000 35,0%
190.000 68.000 122.000 35,8%
200.000 73.000 127.000 36,5%
300.000 123.000 177.000 41,0%
400.000 173.000 227.000 43,3%
500.000 223.000 277.000 44,6%
600.000 273.000 327.000 45,5%
700.000 323.000 377.000 46,1%
800.000 373.000 427.000 46,6%
900.000 423.000 477.000 47,0%
1.000.000 473.000 527.000 47,3%
1.100.000 563.000 537.000 51,2%
1.200.000 653.000 547.000 54,4%
1.300.000 743.000 557.000 57,2%
1.400.000 833.000 567.000 59,5%
1.500.000 923.000 577.000 61,5%
1.600.000 1.013.000 587.000 63,3%
1.700.000 1.103.000 597.000 64,9%
1.800.000 1.193.000 607.000 66,3%
1.900.000 1.283.000 617.000 67,5%
2.000.000 1.373.000 627.000 68,7%
3.000.000 2.273.000 727.000 75,8%
4.000.000 3.173.000 827.000 79,3%
5.000.000 4.073.000 927.000 81,5%
6.000.000 4.973.000 1.027.000 82,9%
7.000.000 5.873.000 1.127.000 83,9%
8.000.000 6.773.000 1.227.000 84,7%
9.000.000 7.673.000 1.327.000 85,3%
10.000.000 8.573.000 1.427.000 85,7%

Kontakt:

Prof. Dr. Torsten H. Kirstges

Oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Aktuelles:

Regelmäßig Samstagabend, 18:00 h, Eucharistiefeier.   Kommt und seht!

 

 

 

Da sich unser Gemeindeleben im Wesentlichen auf den Gottesdienst am Samstagabend um 18 h beschränkt, erfolgt hier seit Mai 2018 keine individuelle Terminankündigung dieses regelmäßigen Gottesdienstes mehr. Besondere Gemeindegottesdienste (z.B. ökumenischer Art) werden hier noch explizit angekündigt.

Diese Internetpräsenz ist (in ihrer erstmaligen Fassung) seit 20.1.14 online.

Dies ist eine privat betriebene und gepflegte, privat verantwortete  Internetseite, die allgemein über die Wilhelmshavener Gemeinde, den Alt-Katholizismus, den alt-katholischen Glauben, auch im Unterschied zu anderen christlichen Glaubensrichtungen, sowie über vieles mehr im Kontext von Glaube, Religion und Kirche informiert und inspirieren soll. Sie dokumentiert insbesondere die spezifische Entstehungsgeschichte der Wilhelmshavener alt-katholischen Gemeinde und zeigt deren Aktivitäten auf. Die Informationen und Texte auf dieser Seite spiegeln die Sichtweise der jeweiligen Autoren, insbesondere die des Seitenbetreibers, nicht aber die der gesamten Gemeinde und/oder des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland, wider. Die offizielle und von der Gemeinde verantwortete Homepage der Alt-Katholischen Gemeinde Wilhelmshaven finden Sie hier:

https://www.alt-katholisch.de/unsere-gemeinden/gemeinde-wilhelmshaven-startseite/

 

Die Homepage des Bistums finden Sie hier: www.alt-katholisch.de.

Druckversion | Sitemap
© Prof. Dr. Kirstges