„Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matthäus, Kapitel 28)
Pfarrer Jens Schmidt hat in seinem Pfarrbrief von September 2013 das Thema – ich formuliere überspitzt - „Sollen unsere Gemeinden wachsen sollen …?“ diskutiert. Pfarrer Jungbauer griff die Frage unserer „Kleinheit“ in seinem Block Mitte August 2014 auf. Dieses Thema beschäftigt mich seit langem immer wieder. Ich zitiere aus Schmidts Pfarrbrief: „Immer wenn das Thema Gemeindewachstum angesprochen wird, scheiden sich die Geister …“. „Eine ... Gemeinde, die nicht wachsen, also missionarisch sein möchte, verfehlt nicht nur den Auftrag Jesu, sondern auch ihre Daseinsberechtigung. ...“. Dem kann ich voll und ganz zustimmen (wer hingegen dieses Kirchenwachstumsziel für uns Alt-Katholiken ablehnt, der braucht ab dieser Textstelle nicht mehr weiter zu lesen). Aber wie können wir wachsen? Eben durch Missionierung, also durch das Bemühen, unsere eigene Überzeugung anderen nahe zu bringen.
Aber warum sollen wir überhaupt missionieren? Letztlich, weil wir davon überzeugt sind, dass unser Glaube und unsere Glaubenspraktiken den Menschen „gut tun“, dass sie so einem „Heilszustand“ und der göttlichen Gegenwart (wie immer im Detail definiert und erfahrbar) näher kommen. Also weil wir glauben, Menschen eine Hilfe, eine Orientierung in ihrer menschlichen Daseinsbewältigung bieten zu können. Weil wir dies tun wollen, möchten wir unsere Überzeugung verbreiten. Dies ist also kein Selbstzweck, kein Ego-Streicheln, keine Selbstbefriedigung, sondern diese Missionsarbeit hat ein auf den Menschen gerichtetes positives Motiv.
Nur, einen ähnlichen Anspruch haben Coca Cola, der FC Bayern, Greenpeace, die römisch-katholische Kirche, die Kommunisten oder die Salafisten – um nur einige Beispiele zu nennen - ebenfalls. (Nein, ich setze unseren Glauben nicht mit der braunen Brause, mit Greenpeace oder mit Radikalen gleich, sondern ich will darauf hinaus, die Methoden zu analysieren und zu bewerten, mit denen jemand, der von etwas überzeugt ist, andere Menschen für seine Sache gewinnen will.) Worin unterscheidet sich unsere Missionierung also von der in anderen Lebensbereichen? Zum einen in der Art der Vermittlung, denn wir wollen sicherlich auf Missionierungsformen wie Lüge, Druck oder gar Gewalt verzichten und setzen stattdessen auf Überzeugungsarbeit für Seele, Gefühl und Geist. Das unterscheidet uns positiv von radikalen Ideologien oder Sekten. Zum anderen in der Art der Formulierung unserer Aussagen – genau damit beschäftige ich mich im Folgenden. Vorab: Es ist meines Erachtens völlig legitim, dass verschiedene, gleichwohl sehr ähnliche Glaubensrichtungen, Philosophien oder Weltanschauungen um den Menschen buhlen, zum Teil mit durchaus ähnlichen Werten und Aussagen, zum Teil sich gegenseitig ausschließend: Ich kann zwar FC Bayern-Fan sein und gleichzeitig guter Alt-Katholik, aber ich kann weder salafistischer Alt-Katholik noch alt-katholischer Lutheraner sein.
Hier die Kurzfassung des Beitrags in Thesenform:
Prof. Dr. Torsten H. Kirstges
Thesen zur Frage „Sollen wir missionarisch tätig sein? Und wie?“