Einige röm.-kath. Christen aus Wilhelmshavener begründeten 2012/13 ihre Befürwortung der Kirchenschließungen in Wilhelmshaven und der Gemeindefusionen u.a. damit, dass sie „endlich wieder in vollen Kirchen Gottesdienst feiern“ wollen. Für sie war/ist eine gut gefüllte Kirche wichtig.
Aber ist die Zahl der Menschen in einem Gottesdienst ein Selbstzweck, ein Wert an sich?
Wir Alt-Katholiken meinen „nein“. Für uns Alt-Katholiken ist die Gemeinschaft der Gemeinde wichtig, auch wenn wir nur wenige sind. Wir feiern unsere Gottesdienste mit 50, 25, 15 oder auch nur 5 Gläubigen – und fühlen uns sehr gut dabei. Für uns gilt das Jesus-Wort: „… wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matthäus 18.20). Dafür nehmen wir auch mal weitere Wege in Kauf; dies tun auch unsere Pfarrer, um uns seelsorglich zu begleiten und zu betreuen.
Unsere Gottesdienste sind nicht anonym, und man kann/sollte auch nicht anonym und „unerkannt“ diese besuchen wollen, nicht sich still und heimlich in die letzte Bank setzen, den Nachbarn nicht anschauen und die Gottesdienstzeit „absitzen“, um seine Sonntagspflicht (die es bei den Alt-Katholiken übrigens nicht gibt) zu erfüllen. Denn wir sprechen miteinander, wir kennen uns untereinander, wir stehen im Kreis um den Altar und schauen uns an, wir akzeptieren uns gegenseitig, wir freuen uns aufeinander – und auf Sie! Wir bemühen uns um ein familiäres und freundschaftliches Miteinander. Vor oder nach den Gottesdiensten bleiben wir beisammen, tauschen uns aus, feiern oder essen auch mal miteinander etc. Für uns ist der gemeinsame Gottesdienst keine lästige Pflicht, sondern ein „Highlight“ der Woche, auf das wir uns freuen und zu dem wir gerne kommen. Denn die gemeinsame Eucharistiefeier und die Gemeinschaft unserer Gemeinde gibt uns Lebenskraft.
Wir Alt-Katholiken sind eine kleine Kirche. In Wilhelmshaven gibt es – auf dem Papier, leider nicht praktizierend – fast so viele römische Katholiken wie es in ganz Deutschland Alt-Katholiken gibt. Das gesamte Kirchensteueraufkommen des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland beträgt ca. 2,8 Mio. EUR pro Jahr bei ca. 15.000 Alt-Katholiken. Das Kirchensteueraufkommen der röm.-kath. Kirche in Deutschland beträgt mit ca. 5 Mrd. = 5.000 Mio. EUR pro Jahr ein Vielfaches davon. Dank der überschaubaren Größe haben wir flache Strukturen, keine großen Hierarchien. So kann unsere Kirche auch schnell und unkompliziert (z.B. via Synodenbeschluss) neue Wege gehen. Tradition ist für uns nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers! Bei uns kann man durch sein Engagement viel bewirken. Veränderungen/Verbesserungen erfahren unsere Alt-Katholiken noch zu ihren Lebzeiten …
Und vielleicht werden wir Alt-Katholiken ja bald zahlreicher.
Wenn auch Sie zu uns kommen …