Herzlich willkommen Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven
Herzlich willkommen Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven

Gedanken zur Pfarrerwahl in der Alt-Katholischen Kirche

Unsere Alt-Katholische Kirche vermittelt das Leitbild, dass die Gemeinden ihren Pfarrer selbst wählen können: „Auf Pfarrebene ist die Gemeindeversammlung das oberste Entscheidungsorgan (sie wählt z. B. den Pfarrer und die Synodalen) … z. B. Pfarrer und Bischöfe gewählt und nicht „vorgesetzt“ werden …“ (Zitate aus http://www.alt-katholisch.de/information/alt-katholisch-alt-katholisch.html). Explizit formuliert ist das auch in § 42 (2) 1. unserer SGO (Synodal- und Gemeindeordnung), gemäß der die Wahl des Pfarrers der Gemeindeversammlung vorbehalten ist.

Das hört sich nach freier Wahlentscheidung durch die Gemeinde an - im Unterschied zu z.B. der röm.-kath. Kirche. Eine in meinen Augen hervorragende Eigenschaft unserer Kirche und ein für mich persönlich wichtiges Argument zum damaligen Wechsel von rk zu ak.

 

Wahl“ - da erwartet man zumindest Alternativen, zwischen denen man wählen kann. Oder?

 

Doch leider sieht die alt-katholische Realität oft anders aus: Bischof bzw. Synodalvertretung setzen in einer Gemeinde einen „Geistlichen im Auftrag“ ein, der seine (alt-katholische) Priesterausbildung noch nicht abgeschlossen hat - wobei die Gemeinde kein Mitspracherecht hat. Eine Pfarrstelle wird für die Gemeinde erst dann ausgeschrieben, wenn der Geistliche im Auftrag seine Ausbildung absolviert hat, damit er sich dann auf die Stelle bewerben kann. „Damit die/der Geistliche im Auftrag auch die Chance hat, sich zu bewerben, wird die Stelle erst ausgeschrieben, wenn die Bewerbungsfähigkeit gegeben ist.“ (Zitat eines Mitglieds der Synodalvertretung, 24.4.18). Unsere Gemeinde musste mehr als vier Jahre warten.

 

Ist die Pfarrstelle dann ausgeschrieben, so ist es Usus in der Alt-Katholischen Kirche, dass sich niemand auf eine Pfarrstelle bewirbt, wenn es einen „Hausbewerber“ gibt: „In der Regel bewirbt sich … niemand anderes auf diese Stelle, wenn bekannt ist, dass … der bisherige Geistliche im Auftrag die Absicht hat, sich auf diese Stelle zu bewerben.“ (Zitat eines Mitglieds der Synodalvertretung, 24.4.18)

 

Der Weg vom - durch das Bistum eingesetzten - Geistlichen im Auftrag zum Pfarrer derselben Gemeinde ist also vorbestimmt. Dem vorgenannten Anspruch einer Wahlentscheidung hinsichtlich der Pfarrstellenbesetzung wird dies nicht gerecht! Eine echte Wahl hat die Gemeinde nicht.

 

Nun kann manch eine Gemeinde natürlich froh und dankbar sein, überhaupt einen Geistlichen zu haben, der sie betreut. Möglicherweise gibt es auch in unserer Kirche zu wenige potentielle Pfarrer, die als Bewerber infrage kämen oder Interesse an einer bestimmten Pfarrstelle haben könnten. Und der bereits gut eingeführte Geistliche im Auftrag mag auch die „beste Wahl“ für eine Gemeinde sein. Und darf man ihm nach einer Ausbildungszeit als „Geistlicher im Auftrag“ den Posten des Pfarrers in derselben Gemeinde verweigern? Immerhin hat man ja die Wahl zwischen „ja“ und „nein“ zur vorgeschlagenen Person. Doch man mag Argumente suchen und drehen und wenden, wie man es möchte (oder gerne hätte): Anspruch und praktizierte Realität des Alt-Katholizismus stimmen in diesem Punkt der „Pfarrerwahl durch die Gemeinde“ nicht überein! „Pseudo-Wahlen“, bei denen es nur einen Kandidaten gibt, der dann 100% Zustimmung erfährt, kennt man ansonsten nur aus Staaten, die wir nicht als demokratisch (und schon gar nicht als synodal in ihrer Entscheidungsfindung) kennzeichnen. Was ist das für eine „Wahl“, die keine personellen Alternativen bietet?

 

Und was bedeutet das für den Kandidaten, der ja nicht gewählt wird, weil er im Vergleich zu anderen der besser geeignete für die Gemeinde ist, sondern weil er die einzige Möglichkeit ist? Ich möchte eine echte Wahl haben! Dazu muss man von Seiten der Bistumsleitung Bewerber auch für eine Kandidatur ermutigen und nicht mit dem Argument "Hausbewerber vorhanden" abschrecken. An vielen Hochschulen gilt das Prinzip, dass ein "Verwalter einer Professur" (so was ähnliches wie ein "Geistlicher im Auftrag" in unserer Kirche) nicht die Professorenstelle zugesprochen bekommen darf, die er (ggf. vorher schon Jahre lang) verwaltet hat - ein m.E. guter (wenn auch manchmal für die Verwalter harter) und transparenter Grundsatz, der mit dem früher oftmals feststellbarem "Gemauschel" zugunsten von sog. Hausbewerbern auf Professorenstellen aufgeräumt hat.

 

Wohl bemerkt: Es geht mir nicht um das Urteil, ob Pfarrerkandidat A oder Bewerberin B geeignet und „passend“ ist für eine Gemeinde (das mag jede/r Stimmberechtigte in der Gemeindeversammlung selbst entscheiden), sondern ich prangere hier das praktizierte Verfahren an, das unseren Leitlinien und Grundsätzen nicht gerecht wird! Hier gibt es m.E. Diskussions- und Handlungsbedarf ...

 

In der Katholischen Pfarrgemeinde der Alt-Katholiken Wilhelmshaven / Niedersachsen-West findet die Pfarrerwahl in der Gemeindeversammlung am 20.10.2018 statt. Es gibt einen Kandidaten.

 

Prof. Dr. Torsten H. Kirstges

27.9.2018

 

(Der Text gibt die persönliche Meinung des Autors wieder, nicht aber die Meinung der Gemeinde oder der Alt-Katholischen Kirche.)

 

Habemus pastore!

Die Gemeindeversammlung der Katholischen Pfarrgemeinde der Alt-Katholiken Wilhelmshaven / Niedersachsen-West hat am 20.10.2018 Meik Barwisch zum Pfarrer der Gemeinde gewählt. 42 anwesende Stimmberechtigte stimmten einstimmig mit "Ja". Wir gratulieren Meik Barwisch ganz herzlich!

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Prof. Dr. Torsten H. Kirstges

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