Herzlich willkommen Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven
Herzlich willkommen Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven

Herzlichen Glückwunsch: 5 Jahre Alt-Katholische Gemeinde Wilhelmshaven!

Zum 1.1.2014 wurde die Katholische Pfarrgemeinde der Alt-Katholiken Wilhelmshaven / Niedersachsen-West formal implementiert. Die Gründungsurkunde ist hier einsehbar. Am 1.2.2014 hatte der alt-katholische Bischof Dr. Matthias Ring unsere neue Pfarrei mit einer festlichen Eucharistiefeier eröffnet (siehe z.B. unsere Bilddokumentation hier). Mit ca. 80 Christen feierten wir damals diese Gemeindegründung, die „AK-Singers“ untermauerten den Gottesdienst musikalisch durch mehrstimmige Lieder, anschließend gab es einen festlichen Empfang.

 

Mehr als fünf Jahre gibt es somit nun unsere alt-katholische Gemeinde mit Sitz in Wilhelmshaven. Mit einem kleinen Fest möchten wir dieses Gemeindejubiläum am Samstag, 18.5.19, ab 14:00 h, feiern. Alle Freunde der Gemeinde und alle Interessierten sind dazu eingeladen.

 

Herzlichen Glückwunsch, alt-katholische Gemeinde Wilhelmshaven!

 

Was man hier lesen und verstehen kann …

 

Wer über eine oberflächliche Feierlaune hinaus die Entwicklung und die heutige Situation unserer Gemeinde verstehen will, der tut gut daran, sich deren Geschichte anzuschauen. Nur wer die Vergangenheit kennt und versteht, kann die Gegenwart begreifen und die Zukunft besser gestalten. Leider gibt es Menschen, auch Hauptamtliche, die sich heute mit bzw. in der Gemeinde beschäftigen, aber den Blick in deren Vergangenheit scheuten oder als zu müßig oder zu aufwändig ansahen. Sie verstehen nicht, warum manche Gemeindemitglieder sich so, andere sich aber ganz anders äußern und verhalten; sie erkennen nicht, wo heute noch bestehende Spannungen ihren Ursprung haben oder warum es dieses oder jenes gibt bzw. nicht (mehr) gibt. Dabei ist es doch ganz einfach: Auf dieser Homepage, hier in Textform und hier in Bildern, sind alle wesentlichen Entwicklungsstufen unserer Gemeinde dokumentiert. Man muss sich nur die Zeit zum Lesen nehmen, um zu erstehen. Das „Atmosphärische“ ist jedoch weniger dokumentiert, und die „Neuen“ unserer Gemeinde können vieles nicht wissen/kennen und wundern sich manchmal über diese oder jene Verhaltensweise. Im Folgenden werde ich, naturgemäß aus meiner subjektiven Sicht, aber basierend auf vielen Tatsachen aus unserer Historie, die Entwicklung zu unserer heutigen Gemeinde in einer kurzen (und dennoch erforderlich textreichen) Darstellung aufzeigen.

 

 

 

Wie kam es zu dieser Gemeinde?

 

Entstanden ist unsere Gemeinde aus der sich im Jahre 2012 abzeichnenden Schließung mehrerer römisch-katholischer Kirchengemeinden/-gebäude in Wilhelmshaven, die von einigen engagierten Christen nicht einfach so hingenommen wurde. Gerade aus der Teilgemeinde St. Ansgar protestierten viele Aktive, die nun von rk abwanderten und nach einer neuen religiös-spirituellen Heimat suchten (unsere heutige praktizierende AK-Gemeinde besteht mehrheitlich aus ehemaligen Ansgarianern, die sich seit mindestens 30 Jahren kennen und ihre vorhandenen sozialen Beziehungen mitgebracht haben!). Ich kontaktierte 2012 erstmals Vertreter des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland. Zunächst ergab sich mit dem alt-katholischen Pfarrer Georg Reynders ein guter Austausch (erste Rückmeldung von ihm am 10.7.2012), später auch mit anderen alt-katholischen Pfarrern (z.B. Jens Schmidt aus Dresden (14.8.2012) oder Oliver Kaiser aus Hannover).  Wir trafen uns mehrfach in einem Kreis von Engagierten, oftmals zufällig zu Zwölft - von denjenigen zwölf Gründungsinteressierten, die sich z.B. am 29.10.2012 trafen, sind heute 10 alt-katholisch; zwei sind nach wie vor römisch-katholisch und haben keinen Bezug mehr zu unserer Gemeinde; drei der Alt-Katholischen praktizieren nicht bei uns, weil sie sich in den spannungsgeladenen Zeiten anders orientiert hatten; neun Personen waren Gemeindemitglieder von St. Ansgar. Wir nahmen Kontakt zur - unserem Anliegen damals wohlgesonnenen - Gemeinde Bremen auf und wurden im Februar 2013 dank der Unterstützung von Pfarrer Oliver Kaiser zunächst eine Art „Ableger“ (Ortsgemeinde) der alt-katholischen Gemeinde Hannover.

 

Was in den Monaten und Jahren danach folgte, war ein extrem arbeitsreicher Aufbau einer neuen christlichen Gemeinde von Null an, aus dem Nichts heraus, durch sehr engagierte Gründungsmitglieder (zehn Erwachsene und drei Kinder wurden am 13.1.2013 in Hannover alt-katholisch) und einige Gäste, maßgeblich unterstützt durch den alt-katholischen Pfarrer Oliver Kaiser. Alle Details dieses langen Prozesses, der viele Engagierte bis an den Rand ihrer zeitlichen und „nervlichen“ Möglichkeiten brachte und einige auch zeitweise krank machte, sind in der Historie der Gemeinde hier nachlesbar. Ein Meilenstein - aber noch lange nicht das Ende des Aufbaus - war die offizielle Gemeindegründung zum 1.1.2014.

 

 

Viel Angebot - viel Konfliktpotential

 

Unsere Gemeinde versuchte, vielen Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Anforderungen eine spirituelle Heimat zu bieten, dies auch mit umfangreichen, vielfältigen Angeboten. Zu der „Kerntruppe“ aus ehemaligen Ansgarianern kamen Christen aus allen möglichen Gemeinden und Lebenslagen mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen, wie eine Kirchengemeinde auszusehen und zu funktionieren habe. Ein einziges Gründungsmitglied war bereits seit Jahren (in Bremen) alt-katholisch und hatte selbstredend auch seine eigenen Vorstellungen, wie eine (ruhige) AK-Gemeinde zu gestalten sei (verbunden mit der Erfahrung, dass ein heiligengleich angesehener Pfarrer alle Fäden in seiner Hand hielt).

 

Innerhalb eines Monatszeitraums, z.B. im Frühjahr/Sommer 2014, gab es typischerweise folgende Möglichkeiten einer Zusammenkunft im Rahmen unserer alt-katholischen Gemeinschaft:

  • vier- bis fünfmal Gottesdienst mit Agape am Samstagabend,

 

  • 1 x Themen- und Filmabend zu spirituell-religiösen Themen,

 

  • 1 x Bibel-Teilen (z.B. 15 Teilnehmer am 25.5.2013; 20 Teilnehmer am 10.8.2013),

 

  • 1 x AK-Singers-Probe (z.B. 17 Sänger/innen am 1.6.2013; 18 Sänger/innen am 26.10.2013; 15 am 25.1.2014; 15 am 26.7.2014, 16 am 28.5.2016 etc.),

 

  • 1 x Gemeindereflexion/-aussprache (z.B. 15 Teilnehmer am 4.5.2013),

 

  • 1 x Liturgiekreistreffen,

 

  • im Sommer gelegentlich Open-Air-Gottesdienst außerhalb,

 

  • im Sommer ein- bis dreimal gemeinsame Fahrradtour (z.B. 28.6.2015, 10.7.2016 etc.).

 

Heiligabend 2013 feierten wir mit mehr als 120 Gottesdienstteilnehmern, der bis heute größten Gottesdienstgemeinschaft unserer Gemeinde, unsere "Weihnacht im Stall", von uns Laien organisiert - ein einmalig schöner Weihnachtsgottesdienst mit ganz besonderer Atmosphäre, mit Krippenspiel, AK-Singers etc. (den man in den Folgejahren hätte fortsetzen können ... aber das erschien den Hauptamtlichen zu aufwändig, lohnt sich ja nicht ... daher leider wirklich "einmalig"). Ostern 2013 haben wir mit Vikar Jörn Clemens (der später leider seinen Dienst in der alt-katholischen Kirche nicht fortsetzen konnte) sehr intensiv das österliche Triduum (also die Kar- und Ostertage) gefeiert; 40 Christen kamen zur Osternacht. Ebenso Ostern 2014 mit ca. 30 Teilnehmern. In gemeinsamen Workshops haben wir uns ein Gemeindeprofil gegeben (z.B. 8.8.2015) oder mit namhaften Referenten (wie z.B. Prof. Dr. Eßer, z.B. 18.4.2015 mit 18 Teilnehmern) diskutiert. Wir haben - nach dem Vorbild der Gemeinde Hannover - ein Vortragekreuz geschaffen und für festliche Gottesdienste genutzt (heute liegt es ungenutzt vermutlich in einem Keller). Wir hatten mehrere Lektoren, mehrere Kommunionausteiler und mehrere Messdiener, die wir alle gemäß ihren Wünschen einbinden wollten/konnten, um so ihre Engagementbereitschaft zu würdigen und zu fördern. Musik mit „modernem“ Liedgut (wobei „modern“ in der Kirchenmusik schon Lieder meint, die nicht älter als 50 Jahre sind) spielte dank zweier begnadeter Profi-Musiker, die sich unserer Gemeinschaft zugehörig fühlten, eine große Rolle. Wir haben versucht, allen Wünschen gerecht zu werden - und konnten es doch so oft niemandem wirklich recht machen.

 

Nicht alle Initiativen waren erfolgreich (so z.B. der Versuch eines regelmäßigen Taizé-Singens oder eines „Sich-Kennenlernen-durch-Malen“); manche Treffen wurden auch geradezu von „Selbstdarstellern“, die offensichtlich dem sog. Dunning-Kruger-Effekt unterlagen, zweckentfremdet (so mussten wir die sog. Gemeindereflexionen aufgrund unzumutbaren Verhaltens des Gesprächsleiters und in der Folge schwindender Teilnehmerzahl aussetzen; Hauptamtliche waren nicht in der Lage oder willens, diese im Grunde sehr sinnvolle und wichtige Zusammenkunft zur Aussprache unter den Gemeindemitgliedern und Gästen zu übernehmen/leiten).

 

Wer wollte, hatte insbesondere an den „AK-Samstagen“ ein „volles Programm“. Man konnte meist schon gegen 15:00 h zu einer spirituellen Zusammenkunft kommen, anschließend um 18:00 h den Gottesdienst feiern und danach noch bei einem inhaltlichen Themenabend und/oder der Agape zusammenbleiben. Wir konnten unseren Glauben in vielfältiger Weise und in Gemeinschaft intensiv leben. Manche Gemeindemitglieder fühlten sich allerdings auch verpflichtet, an allem teilzunehmen – man wollte (sollte?) ja dabei sein, sah sich damit aber (zeitlich) überfordert. Auch dies führte zu Konflikten. Dabei galt immer der Grundsatz: Jeder kann, niemand muss. Einzelne Stimmen forderten weniger Aktivität, weniger Außenwirkung, mehr Ruhe, redeten unsere Angebote schlecht und wollten sie reduziert sehen. Diesem Wunsch wird heute weitgehend entsprochen, denn unser spirituelles Angebot umfasst heute in einem typischen Monat lediglich den Samstagabendgottesdienst mit der anschließenden Agape im kleinen Kreis, mehr nicht, obwohl wir uns seit Sommer 2014 über einen hauptamtlichen Pfarrer in der Gemeinde freuen dürfen.

 

 

Offene Kommunikation sollte die beste Enttäuschungsprophylaxe sein

 

Kommuniziert und informiert hatten wir Interessierte gemäß unserem Grundsatz „offene Kommunikation ist die beste Enttäuschungsprophylaxe“ (wir wollten anders sein, als wir dies bei der Kirchenschließung bei rk erlebt hatten) auf diversen Wegen:

  • Ein Online-Forum (AK-Forum) informierte alle Gemeindemitglieder, die sich dafür interessierten, über Entwicklungen in der Gemeinde, anstehende Projekte und Fragen etc. Auch alle Protokolle der Kirchenvorstandssitzungen und der Gemeindeversammlungen wurden hier gut auffindbar abgelegt, so dass sich jedes Gemeindemitglied leicht darüber informieren konnte. Das AK-Forum wurde im Oktober 2018 auf Drängen von Hauptamtlichen von dessen privatem Betreiber abgeschaltet.

 

  • Ein E-Mail-Newsletter informierte ca. 70 angemeldete Abonnenten wöchentlich über die aktuellen Termine und Angebote. Drei Laien aus der Gemeinde übernahmen nacheinander über Jahre die Redaktion; der Newsletter wurde von Pfarrer Meik Barwisch eingestellt, nachdem der letzte Laienredakteur diese Aufgabe abgeben wollte. Zu viel Arbeit, lohnt sich nicht …

 

  • Ein Terminplan mit einer Vorausschau von ca. sechs Monaten wurde wöchentlich aktualisiert und online gestellt sowie in Papierversion bei den Gottesdiensten ausgelegt. So gab es eine immer aktuelle Übersicht über das umfangreiche spirituelle Angebot der Gemeinde. Der Terminplan wurde kurze Zeit, nachdem ich mich (nach Abgabe meines Amtes als KV-Vorsitzender) für nicht mehr zuständig erklärte, eingestellt. Zu viel Arbeit, lohnt sich nicht …

 

  • Eine ausführliche und viel beachtete Homepage (nämlich diese hier; Zugriffszahlen > 410.000) wurde etabliert und wöchentlich aktualisiert. Hier konnten auch Außenstehende das Gemeindeleben in Text und Bild mitverfolgen. Über Inhalt und Art der Darstellungen auf dieser Homepage gab es immer wieder Streit zwischen verschiedenen Interessen in der Gemeinde (auf den umfangreichen Streit daraus, dass ursprünglich ein röm.-katholischer Gast die Inhalte der AK-Gemeindehomepage bestimmen wollte, kann hier nicht im Detail eingegangen werden). Diese Homepage wird heute rein privat betrieben, während die offizielle Gemeindehomepage sich sehr rudimentär zeigt.

 

  • Wir hatten sogar einen regelmäßig aktualisierten Facebook-Auftritt, um gerade jüngere Leute auf uns aufmerksam zu machen. Dieser wurde schlechtgeredet und letztlich eingestellt.

 

  • Selbstverständlich wurde am Ende eines jeden Gottesdienstes die anstehenden Termine “live“ verkündet.

 

  • Und unsere Gemeinde und ihre Angebote wurden - dank einer regelmäßigen und guten Pressearbeit durch unsere Laien - nahezu wöchentlich in den lokalen (und teilweise auch überregionalen) Medien durch redaktionelle Berichte erwähnt.

 

Jeder sollte problemlos alles mitbekommen können, sich informiert und einbezogen fühlen. Wir wollten keine Klüngelei, keine Geheimnistuerei, keine Cliquenbildung, kein Hintenherumgemauschel. Kein Reden über andere, sondern nur ein Reden miteinander (was gründlich schief ging und vielfach nicht erreicht werden konnte; das Gegenteil kommt leider bis heute immer noch in der Gemeindekommunikation vor). Eine wöchentliche (bezahlte) Ankündigung in der örtlichen Zeitung ergänzte unsere Informationspolitik nach außen. All dies führte dazu, dass immer wieder neue Suchende auf uns aufmerksam wurden und zu uns stießen, manchmal auch der Gemeinde beitraten. Heute werden die wenigen Gemeindetermine außerhalb der Gottesdienstverkündigungen und neben den Kleinannoncen in einem nur viermal jährlich erscheinenden sog. Gemeindebrief (i.d.R. ein A4-Blättchen mit einem Grußwort des Pfarrers und einer Terminübersicht, die für die kommenden drei Monate gelten soll) verkündet. KV-/GV-Protokolle sind heute nicht mehr in einfacher Weise einsehbar; ein Online-Forum, einen Newsletter und einen Terminplan gibt es nicht mehr; selbst der Bischofsbesuch am 27.4.2019 führte zu keiner redaktionellen Berichtserstattung mehr in den Medien.

 

 

Zermürbende Konflikte ohne Ende

Der vorstehend dargelegte Gemeindeaufbau hatte in den Jahren 2012 bis 2016 enorme Kräfte gekostet, die vor allem unsere ehrenamtlich tätigen Laien über Monate und Jahre aufgebracht hatten. Dabei mussten sie enormem Druck standhalten, wurden von verschiedenen Interessen hin- und hergezerrt. Angefeindet wurden die neue Gemeinschaft und ihre Aktiven weniger von außen (z.B. von rk, was man ja hätte nachvollziehen können) als vielmehr von innen. „Friendly fire“ von Menschen, die lange nicht alt-katholisch werden wollten, aber die Gemeinde maßgeblich gemäß ihren Wünschen gestaltet sehen wollten (s.u.: „Brötchenkrümeldiskussion“, „Agape-/Salzstangendiskussion“, „rk-Lektorendiskussion“, „Außenauftritt-/Werbediskussion“, „Mehrstimmiger-Gesang-Diskussion“ etc.), zermürbte ebenso wie solches aus den Reihen der Hauptamtlichen (s.u.: Nutzung des AK-Logos, Newsletter, „Spielwiesen“-Vorwürfe, Aufforderungen zur Ämteraufgabe durch den Bischof, „Also bei uns in … ist der Pfarrer ja immer KV-Vorsitzender, und da läuft das so …“ etc.) viele Gründungsmitglieder. Die engagierten Gemeindegründer wollten es möglichst allen Recht machen, wurden aber insbesondere von (einigen wenigen, aber sehr penetranten) nicht-alt-katholischen Gemeindegästen auf immer neue „Schlachtfelder“ geführt.

Hier nur einige Beispiele für solche Diskussionen und Konflikte, die uns teilweise wochen- oder monatelang beschäftigten:

  • Darf man auf einer Busfahrt Brötchen essen („Brötchenkrümeldiskussion“)?

 

  • Genügt es nicht, bei der Agape Wasser und Salzstangen (anstelle eines umfangreichen Mitbring-Buffets) zu reichen („Agape-/Salzstangendiskussion“)?

 

  • Dürfen/sollen römisch-katholische Gemeindegäste Lektor sein oder gar Wortgottesdienste leiten? Wäre das eine Provokation gegenüber der rk-Gemeinde bzw. wäre ein „nein“ eine Ausgrenzung der engagementbereiten rk-Gäste? Eine ganze Gemeindeversammlung wurde am 24.8.2013 mit diesem Thema „gesprengt“!

 

  • Welche Mitsprachemöglichkeit sollten Nicht-Alt-Katholiken in der Gemeinde haben? Sind sie Gäste oder (auch ohne AK-Zugehörigkeit) voll berechtigte Gemeindemitglieder?

 

  • Werbe- und Abwerbe/Missionierungsdiskussion: Dürfen wir für unsere Gemeinde werben? Wie, wie weit, womit, in welchem Ton? Wer darf was nach außen sagen/publizieren? Insbesondere über Online-Medien …

 

  • Dürfen wir uns mit rk vergleichen und auf die - unseres Erachtens positiven - Unterschiede hinweisen?

 

  • Dürfen wir unseren einladenden Spruch „Kommt und seht!“, mit dem wir unsere Gemeindeangebote ankündigten, verwenden, oder ist er zu offensiv, zu aufdringlich? (Dass dies ein Zitat aus der Bibel - Joh. 1,39 - ist, mit dem Jesus die ersten Jünger einlud, wurde ignoriert. Hauptsache, es gab wieder einen Ansatzpunkt zur Kritik am KV.)

 

  • Diskriminiert ein mehrstimmiger Gesang während des Gottesdienstes (es gab damals noch die sangesfreudigen AK-Singers) diejenigen, die nicht so gut singen können?

 

  • Soll/darf während der Kommunionausteilung ein meditatives Lied gesungen werden?

 

  • Darf/soll man beim Friedensgruß „herumlaufen“, um allen den Frieden zu wünschen, oder stört dies die Andacht bzw. ist das zu aufdringlich? (Zeitweise nahmen rk-Gäste dann von der Kirchenempore aus am Gottesdienst teil!)

 

  • Zeigen wir uns ökumenisch genug? (Wobei wir von Anfang an mit unserer gastgebenden lutherischen Gemeinde sowie in der ACK aktiv waren.)

 

  • Besprechen wir in den KV-Sitzungen ausreichend inhaltliche, spirituelle Themen? (Heute bestehen die KV-Sitzungen aus einer Aneinanderreihung von rein organisatorischen Fragen, Würstchen- und Suppendiskussionen.)

 

  • Inwieweit dürfen Gäste in die KV-Sitzungen eingreifen und „reinreden“? Wo sind die Grenzen, wenn Gäste ausufernd das Wort führen wollen?

 

  • Wenige Tage vor einem geplanten und bereits angekündigten Themenabend mit Filmvorführung wurde im Februar 2014 von gemeindeinternen Kritikern versucht, dies zu unterbinden, da wir keine Rechte zu Filmvorführungen hätten. Der ev.-luth. Pfarrer unserer gastgebenden Gemeinde wurde informiert (ohne vorherige Rücksprache mit unserem KV). Der für unsere Gemeinde zuständige hauptamtliche Pfarrer wollte dann die Filmvorführung untersagen (21.2.2014). Eine positive Lösung wurde weder von den Kritikern noch von den Hauptamtlichen gesucht. (Die positiv Engagierten schafften es dann, innerhalb kürzester Zeit eine Lizenzierung für unsere Gemeinde zu erreichen, so dass wir den Themenabend wie geplant durchführen konnten und seitdem Filme vorführen dürfen. Seit 2017 wurden jedoch keine Themen-/Filmabende mehr angeboten.)

 

  • Wir hatten Diskussionen darüber, in welcher Form wir welche Informationen am Ende des Gottesdienstes verkünden dürfen/sollen.

 

  • Und Diskussionen darüber, ob wir die Lektoren (wir hatten seinerzeit eine ganze Reihe von Lektoren, die regelmäßig im Wechsel lesen durften!) und Kommunionhelfer (dito: es gab mehrere, die sich einbrachten, und nicht wie heute, dass Frau X automatisch den Kommunionkelch übernimmt, wenn sie anwesend ist, während ansonsten Frau Y dies tut) vorher einplanen oder spontan im Gottesdienst aussuchen sollten, ob wir die Lektoren und Musiker (zur Übersicht) in den Gemeindeterminplan aufnehmen sollten oder nicht etc.

 

  • Wir hatten sogar Diskussionen darüber, ob kleine Kinder den Gottesdienst stören, wie man damit umgehen solle und ob wir nicht eine Kinderspielecke in der Kirche einrichten sollten (diese Fragen stellen sich heute - mangels Familien mit Kindern in unseren Gottesdiensten - nicht mehr).

 

  • 2015 wurde von einem Bremer Gemeindemitglied ein privater alt-katholischer Hauskreis in Wilhelmshaven gegründet, an der Gemeinde vorbei und ohne Abstimmung mit dieser, zunächst terminiert zur selben Uhrzeit, zu der unsere Gottesdienste stattfinden. Eine eindeutige Konkurrenzveranstaltung zur bestehenden Gemeinde, initiiert durch einen Kreis von Separatisten, der sich geschlossen zeigte und - ganz entgegen unserem Leitspruch - weder in der Kommunikation noch hinsichtlich der Teilnahmemöglichkeit offen war.

 

 

Sprengende Interessensvielfalt und managementunfähige Hauptamtliche

 

Diese und viele weitere Problembälle wurden der sog. Ortsvertretung (aus engagierten und gewählten Gründungsmitgliedern) und dem späteren Kirchenvorstand in den Jahren 2013 bis etwa 2015 ohne Unterlass zugeworfen. Es gab geradezu zerstörerische Kräfte (insbesondere aus den Reihen der nicht-alt-katholischen Gemeindeteilnehmer), denen jedes Engagement, jede Initiative, jede Entscheidung des Kirchenvorstands ein Dorn im Auge war. Die einen wollten ihren Glauben verbreiten und auf uns aufmerksam machen, um mehr Menschen für den Geist Jesu zu begeistern - die anderen wollten lieber in Ruhe ihrem Glauben nachgehen. Die einen wollten mehr und mehrstimmig singen - die anderen fühlten sich dadurch überfordert und ausgegrenzt. Es galt, die sehr unterschiedlichen Interessen einer bunt zusammen gewürfelten Gruppe (Ex-Ansgarianer; junge und altbewährte Alt-Katholiken; römisch-katholische Gäste; Menschen, die aus anderen Kirchen ausgetreten waren; esoterisch orientierte Sinnsuchende etc.) mit sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergründen auszugleichen. Dazu haben die einen versucht, möglichst klare und personenunabhängige Strukturen, z.B. hinsichtlich der Entscheidungsfindung, zu schaffen - was die anderen als Missachtung ihrer persönlichen Wünsche deuteten. Der Vorwurf des „Triumvirats“ und der „Bestimmer“ entstand, nach dem wenige/drei Aktive der Gemeinde alles nur in ihrem Sinne bestimmen würden (dass es öffentliche KV-Sitzungen und Gemeindeversammlungen gab, weit häufiger als heute, wurde nicht anerkannt).

 

Unterstützung durch Hauptamtliche, gar in Form einer sinnvollen Mediation zum Ausgleich unterschiedlicher Interessen in der Gemeinde, fanden die gewählten Laienvertreter leider kaum.  Sicher, manche Hauptamtlichen haben enorme Wege und damit Zeit auf sich genommen, um uns hier in Wilhelmshaven eine Eucharistie zu ermöglichen (unser Dank galt insbesondere den Pfarrern Reynders und Kaiser sowie Vikar Clemens), und ohne das Engagement und die Fürsprache von Pfarrer Oliver Kaiser aus Hannover wäre unsere Initiative nie eine alt-katholische Gemeinde geworden. Aber kaum einer dieser Konflikte wurde jemals - z.B. mit dem Engagement von Hauptamtlichen, die sich allesamt im Management einer solchen (neuen) Gemeinde überfordert zeigten - aufgearbeitet. Dabei kam im Juli 2014 Pfarrer Meik Barwisch als örtlicher Seelsorger zu uns (dieser war zuvor in der römisch-katholischen Kirche beheimat und wurde zeitlich erst 2014, also ca. eineinhalb Jahre nach unseren Gemeindegründungsmitgliedern, alt-katholisch; er ist seit Oktober 2018 als Pfarrer unserer Gemeinde im Amt). Dies führte aber zunächst zu einer Verstärkung der Konflikte (so z.B. durch die von ihm 2015 unterstützte Hauskreisgründung durch ein (damaliges) Mitglied der Bremer Gemeinde in Wilhelmshaven); Gehör bei den Hauptamtlichen fanden vor allem die Gäste und die „Nörgler“, nicht aber die aktiven (und gewählten) Träger des Gemeindelebens. Die unterschiedlichen Interessen der Mitwirkenden sprengten das ursprüngliche gemeinsame Ziel, eine lebendige, spirituelle Heimat alt-katholischer Natur in Wilhelmshaven aufzubauen. Die Hauptamtlichen ließen sich - teilweise im wahrsten Sinne des Wortes (so z.B. auf einer KV-Sitzung am 17.2.2014) - einflüstern, was sie doch bitte (gegen die Kirchenvorstände) zu sagen und tun hätten. Aufgrund dieser Konflikte kam es, dass viele Aktive der Gemeinschaft den Rücken kehrten, teilweise zu anderen Gemeinden wechselten, aus der Kirche austraten oder sich schlicht enttäuscht zurückzogen. Manche ließen sich zur Gemeinde Bremen umpfarren (viele wurden dort aber auch nicht glücklich und sesshaft), um dann einige Jahre später, im Sommer 2018, passend zur Pfarrerwahl in Wilhelmshaven, wieder unserer Gemeinde beizutreten - ohne dass dieses Verhalten jemals Gegenstand eines (Mediations-) Gesprächs geworden wäre. Andere wandten sich ab, ohne dass ein hauptamtlicher Hahn danach krähte - ihr Rückzug wurde vermutlich sogar als wohltuend empfunden. Seelsorge kam nur denjenigen Schäfchen zugute, die den Hirten genehm waren.

 

 

 

Lebenszyklus im Schnelldurchlauf

 

Ein Mensch durchläuft einen typischen Lebenszyklus: Er wird gezeugt, dann geboren. Er lernt erste Schritte als Baby und wächst heran. Es kommen das Kleinkindtrotzalter und die für alle schwierige Zeit der Pubertät. Schließlich reift der Mensch, wird ruhiger, vielleicht auch besonnener, und altert, wird dabei auch weniger agil, weniger flexibel und weniger dynamisch. Am Ende verbringt er mehr oder weniger viele Jahre im Greisenalter, bis er stirbt. Lebenszyklus beendet.

 

Mit einer (unserer) Gemeinde ist es nicht anders: Wir wurden auf geradezu wundersame, für AK völlig ungewöhnliche Weise durch einen kleinen Kreis Aktiver gezeugt. Die Bistumseltern waren völlig überrascht (ungewollte Schwangerschaft?) und überfordert. Wir lernten unsere ersten alt-katholischen Schritte und wurden von vielen beschimpft, er- und gezogen, wenn wir irgendwo anrempelten. Wir sollten doch bitte schön erst mal alt-katholisch lernen, bevor wir Laute von uns geben.

 

Wir kamen in das Trotzalter und in die rebellische Pubertät. Wir eckten hier und da an (übrigens meist AK-intern mit unseren vielen römisch-katholischen Gästen, mit den Hauptamtlichen oder den AK-Nachbargemeinden, die sich für erfahrener hielten und wie Erziehungsberechtigte über uns urteilten (s. z.B. das Schreiben von der Gemeinde Bremen vom 14.2.2014); von unseren römisch-katholischen oder evangelischen Nachbarkirchen gab es hingegen keine solche Erziehungsversuche). Je mehr man uns unsere „Spielzeuge“ (Homepage, Newsletter, Themen-/Filmabende, Fotodokumentation, …) wegnehmen wollte, desto trotziger hielten wir daran fest. Wir polterten auch mal laut, wie es Pubertierende tun. Mit aller Macht versuchte die Kirchenleitung, uns die wilde Dynamik zu nehmen und uns ruhig zu stellen (v.a. in den Jahren 2014 und 2015; unser engagierter Newsletterredakteur wurde mehrfach „abgestraft“; als KV-Vorsitzender wurde ich von unserem Bischof zum freiwilligen Rücktriff aufgefordert (27.7.2015); die Nutzung des AK-Logos wurde uns untersagt; unser „Gemeindefotograph“ wurde mehrfach der „heimlichen“ Aktivität bezichtigt (s. z.B. Protokoll zur KV-Sitzung vom 17.2.2014, TOP 6.3.); ein Mitglied der Synodalvertretung hat einem unserer KV-Mitglieder das Wort verboten und mir vorgeworfen, die Gemeinde als „persönlichen Spielplatz“ zu nutzen (11.9.2014), etc.).

 

Unsere Gemeinde und ich persönlich wurden von (aus damaliger Sicht ehemaligen) Gemeindemitgliedern, Gästen und Dritten verleumdet, diffamiert, verbal angegriffen und beschimpft. Wir haben darunter sehr gelitten. Wir haben dann versucht, uns ganz formal an Regeln (z.B. die SGO) zu halten, um es ja allen recht zu machen, und mussten feststellen, dass diese Regeln von den „Bistumserwachsenen“ gar nicht so eng gesehen werden, wenn es um ihre eigene Entscheidungsfreiheit geht (z.B. Diskussionen mit dem Pfarrverweser, wer wofür zuständig ist, entlasten kann etc.).

 

Trotz alledem ist es uns gelungen, in diesen Pubertätsjahren eine harmonische alt-katholische Gemeinschaft mit hervorragend funktionierenden, transparenten Informations- und Organisationsstrukturen zu schaffen, so dass unsere Gemeinde 2016 letztlich stabil, mit für alt-katholische Verhältnisse erfreulichen Gottesdienstbesucherzahlen und mit positiver Ausstrahlung dastand. Wir genossen - das soll hier keinesfalls zu kurz kommen - zahlreiche wertvolle spirituelle und sehr schöne gesellige Momente. Wir hatten Strahlkraft innerhalb Wilhelmshavens und darüber hinaus; „alt-katholisch“ war umfangreich wahrnehmbar und positiv präsent in unserer Stadt.

 

Der Sprung von dieser jugendlichen Dynamik in das gemächliche Seniorenalter erfolgte jedoch schnell, seit etwa 2017. Was man übrigens auch wörtlich nehmen kann: In unseren Gottesdiensten dürfte heute das Alter der meisten Besucher, sieht man von (m)einem einzigen Kleinkind und dessen Mutter ab, höher als 50, meist sogar höher als 70 Jahre liegen. Junger Gemeindenachwuchs ist nicht in Sicht. Es ist absehbar, wie in wenigen Jahren der Lebenszyklus der einstmals so dynamischen jungen Gemeinde enden wird.

 

Manche, die bis hierhin gelesen haben, mögen stöhnen und denken: „ach, die alten Geschichten … ist doch alles längst vorbei …“. Ja, man darf die teilweise unselige Vergangenheit auch ruhen lassen - aber nur, wenn man sie kennt und versteht, sieht man die aktuelle und zukünftige Situation im richtigen Licht.

 

 

Bequemlichkeit siegt

 

Alle die oben genannten spirituellen Angebote und die verschiedenen Informations- und Kommunikationswege wurden von Laien aufgebaut und den Hauptamtlichen, insbes. dem neuen Pfarrer der Gemeinde, vorgelegt. Diese hätten die Initiativen weiterführen und ausbauen und die unterschiedlichen Interessen durch geschickte Mediation ausgleichen können. Das wäre auch weiterhin, so wie durch die Laien realisiert, mit viel Arbeit und Zeiteinsatz verbunden gewesen. Viele Engagierte gingen selbstredend davon aus, dass die Hauptamtlichen (ob Pfarrverweser oder Pfarrer) dieses Engagement gutheißen und fortführen oder sogar inhaltlich ausbauen würden. Vielleicht wäre es so, wie in der Anfangszeit der Gemeinde, dann gelungen, auch neue und jüngere Menschen für unsere alt-katholische Gemeinschaft zu begeistern. Doch diese Erwartungen wurden enttäuscht: Diese Fortführung oder gar ein Ausbau erfolgten nicht, sondern im Gegenteil wurden Angebote und Informationswege nach und nach abgebaut (siehe die beispielhaften Auflistungen oben). Dies wurde oft mit mangelndem Interesse der Gemeinde begründet, wenngleich es - wie oben mit Zahlen dargelegt - über lange Zeit eine ausreichende Zahl an Interessenten für jedes Angebot gab. Aber die Bequemlichkeit der Hauptamtlichen siegte … ach, das lohnt sich doch nicht … da kommt doch eh keiner … Was ist da Henne, was ist Ei? Was ist Ursache, war Wirkung? Konfliktbewältigung erfolgte ebenso nicht.

 

 

Reduziertes Gemeindeleben heute

 

Heute praktiziert unsere Gemeinde fast nur noch den kleinsten (wenn auch sicherlich wichtigsten) gemeinsamen Nenner und den bequemsten (und am wenigsten konfliktträchtigen) Weg: Den Gottesdienst am Samstagabend. Ein typischer Terminplan unserer Gemeinde heute liest sich demnach auch sehr schnell: pro Monat vier- bis fünfmal Samstagabendgottesdienst mit Agape. Ende. Aus. Mehr spirituelles Angebot gibt es nicht (sieht man von gemeindeübergreifend organisierten ökumenischen Aktionen und jährlichen Gemeindefahrten ab, die es in dieser Form auch früher immer schon gegeben hatte). So befindet sich die Gemeinde heute in einem sehr ruhigen Fahrwasser (wenngleich Konflikte doch immer wieder mal aufbrechen, siehe z.B. die GV vom 23.2.2019). Das ist für alle, besonders für die Hauptamtlichen, bequem.

 

 

Gemeinde in Seniorenheimstimmung

 

Es ist ruhig geworden um unsere Gemeinde. Bequemlichkeit scheint das heutige Leitmotiv zu sein. Mehr lohnt sich doch nicht … Manche Mitglieder, auch anderer AK-Gemeinden, und viele Hauptamtliche wird das freuen, hatten sie doch mit viel Argwohn auf die pubertierende Gemeinde Wilhelmshaven geschaut („Das Theater geht in die nächste Runde“ urteilte am 27.9.2014 die Bremer KV-Vorsitzende über uns). Sie sehen die Gemeinde heute als „gefestigt“ an (siehe Protokoll der GV vom 20.10.2018, TOP 7), so sehr, dass die Bequemlichkeit auch den Ausfall der wöchentlichen Gottesdienste erlauben würde. Sie können stolz darauf sein, die jugendliche, aber sicherlich für sie auch anstrengende und ungewohnte Dynamik der Wilhelmshavener Laien erstickt und in eine seniorenhafte Angepasstheit überführt zu haben.

 

Gut im Ohr sind mir noch die Unkenrufe ehemaliger römisch-katholischer Gemeindegäste, die vor Jahren bissig kommentierten: „wenn es die AK-Gemeinde bis Weihnachten überhaupt noch gibt“. Es gibt sie auch heute noch! Immerhin, wir haben es bis hierhin geschafft. Die Initiative, die Tatkraft und auch der „Kampfgeist“ der Gründergeneration schafften es, eine alt-katholische Gemeinde als christliche Alternative in Wilhelmshaven zu gebären und wachsen zu lassen. Geprägt waren viele von den rk-Kirchenschließungen gegen den Willen der rk-Gemeindemitglieder. Das (eine solche Pfarrermacht) wollte man keinesfalls nochmals erleben, und man sah in der Philosophie und Kirchenstruktur des Alt-Katholizismus einen Garanten für mehr Mitwirkungsmöglichkeit der Laien und eine religiös-spirituelle Alternative für Wilhelmshaven. Optimistisch hofften wir auf enormen Zulauf an (auch jüngeren) Gläubigen, die woanders enttäuscht wurden (dies befürchtete ursprünglich wohl auch die röm.-kath. Kirche, weshalb ein hoher Amtsinhaber aus Vechta 2013 um ein Gespräch mit mir bat). Dass die Revolution letztlich ihre Kinder (oder besser ihre Eltern) frisst, ist nicht neu. Während eines Umbruchs kann es passieren, dass die Initiatoren scheitern und ihr ursprüngliche Ziel letztlich nicht erreichen. Im Gang der Ereignisse bleiben ihre Initiatoren auf der Strecke; etwas schlägt nach positiven Ansätzen schließlich um und hebt sich selbst wieder auf oder zerstört sich. Das lässt jedoch anderen die Freiräume und Möglichkeiten, ihrerseits aufzublühen. Heute besteht die Gottesdienstgemeinde weitgehend, der gewählte Teil des Kirchenvorstands vollständig aus ehemaligen St. Ansgar-Gemeindemitgliedern, die ihre Tradition weiterleben.

 

 

Ich bin froh darüber und stolz darauf, ein prägendes Mitglied der Gründergeneration dieser Gemeinde gewesen zu sein und in einem engagierten Team diesen Aufbau geschafft zu haben. Ich bin nicht glücklich darüber, zu sehen, was heute aus unseren (vielleicht zu) hoch gesteckten Zielen von damals geworden ist, wie reduziert sich unser Gemeindeleben und unsere Außenkommunikation heute darstellen. Doch man muss seinen Frieden damit finden, und ich kann mich heute entspannt zurücklehnen, habe ich doch meine Verantwortung für den Fortgang dieser Gemeinde weitgehend an diejenigen abgegeben, die sie übernehmen wollten (und z.T. dafür bezahlt werden). Die alt-katholische „Spielwiese“ (s.o., Vorwurf der Synodalvertretung) haben einige „Gründerrevolutionäre“ nun frei gemacht für diejenigen, denen immer schon ein zu selbstbewusstes Laienengagement ein Dorn im Auge war und die lieber (in guter rk-Tradition?) den durch einen Pfarrer gesetzten Spuren bequem folgen möchten. AK und unsere AK-Gemeinde haben für mich heute nicht mehr die Bedeutung, die dies in den vorangegangenen Aufbaujahren hatte. Jegliches hat seine Zeit. Ich sehe weniger Verpflichtung, Verantwortung, Zuständigkeit und Belastung - aber auch weniger (spirituellen) Nutzen - für mich und kann vieles entspannter sehen. Nach wie vor halte ich die alt-katholische Lehre und Kirchenstruktur - sofern man überhaupt heute noch ein Interesse an Religion und Kirche hat - für die beste unter allen, insbesondere, wenn sie ihren Leitlinien gemäß gelebt wird/würde. Gleichwohl musste ich erkennen, dass auch bei AK nur wenig Gold ist, was nach außen glänzt (fehlende Wahlmöglichkeiten bei der vermeintlich freien Pfarrerwahl oder die doch starke Pfarrerzentrierung (wobei viele Pfarrer ehemalige römisch-katholische Geistliche sind, was ihre Haltung gegenüber Laien prägt) seien als Bespiel genannt). Desillusionierung nennt man das wohl.

 

 

Vielleicht kann die hier - trotz der Länge des Beitrags knapp - beschriebene Geschichte unserer Gemeinde auch anderen christlichen Gemeinschaften eine Hilfestellung sein. Vielleicht sind wir Benchmark, vielleicht auch warnendes Beispiel dafür, was alles schieflaufen kann. Vielleicht erkennen sich auch (ehemals) Engagierte anderer (AK-)Gemeinden darin wieder. Und ja, man darf auch bei einem solchen, im Prinzip freudigen Ereignis des Gemeindejubiläums öffentlich einen kritischen Blick zurück werfen, statt nur Friede-Freude-Eierkuchen zu suggerieren.

 

Zuletzt kurz zu den Räumlichkeiten, die auch von uns Laien ausfindig gemacht werden konnten und auch einen (hier nicht dargestellten) Einfluss auf unsere inhaltliche Entwicklung hatten: Bis 31.1.2016 waren wir zu Gast in der evangelischen Neuender Gemeinde, seit 1.2.2016 sind wir in der Lutherkirchengemeinde beheimatet, wo wir uns in ökumenischer Gemeinschaft sehr wohl fühlen.

 

 

Kommt und seht!

 

Wie auch immer es dazu kam und wie auch immer es sich heute gestaltet und in Zukunft noch entwickeln wird: Freuen wir uns über mehr als fünf Jahre offizielle Gemeinde, mehr als sieben Jahre alt-katholisches Gemeindeleben in Wilhelmshaven! Danken wir allen, die in diesen Jahren und/oder heute unser Gemeindeleben so gestalten wollen, dass es Menschen anspricht und ihnen spirituell etwas geben kann. Unsere Gemeinde bietet allen Interessierten einen wöchentlichen Gottesdienst am Samstagabend, verbunden mit der Möglichkeit zu einem gemütlichen Beisammensein im Anschluss (Agape). Wir leben heute unbeschwerter in der Gemeinde als in den Anfangsjahren, da Konflikte nicht offenbar sind und man (scheinbar) friedlich miteinander auskommt. Wir praktizieren eine gute ökumenische Gemeinschaft mit der evangelischen Lutherkirchengemeinde. Wir haben einen lieben Pfarrer, der samstags für uns da ist, die Gottesdienste vorbereitet und interessante Predigten frei vorträgt. Ein großer gemeinsamer Nenner, nämlich der Gottesdienst, verbindet uns; mehr scheint eine (unsere) Kirchengemeinde auf Dauer nicht leisten zu können. Hoffen wir, dass diese Gemeinde auch die kommenden Jahre und Jahrzehnte als religiös-spirituelle Alternative in Wilhelmshaven existent bleiben wird.

 

Alles Gute, liebe alt-katholische Gemeinde Wilhelmshaven, wünscht

 

Prof. Dr. Torsten Kirstges

 

(Der Text gibt die Meinung des Verfassers wieder. Stand: 5.5.2019)

Passend zu vorstehenden Überlegungen erschien im Mai 2019 ein Text u.a. zu den Themen "Klerikalismus"(der abgelehnt wird) und "Mediation" (die gefordert wird), der nachfolgend in Auszügen wiedergegeben wird:

"Kirche von morgen"

fängt heute schon an!

Ein Gastbeitrag von Raimund Heidrich, Münster, alt-katholische Gemeinde Dortmund

...

...

Selbstbewusst konfessionelle, alt-katholische Eigenheiten leben.

Kehren wir vom weiten Blick einer Welt-Ökumene zurück zur konkreten Wirklichkeit unserer alt-katholischen Kirche. Einige, wichtige Eigenheiten der alt-katholischen Kirche will ich hier kurz aufzählen:  

  • Die synodal-demokratische Struktur der Kirche. Daher Ablehnung  der Papstdogmen von 1870 mit ihrer absoluten Hierarchie (Stellvertreter Gottes auf Erden; Unfehlbarkeit).
  • Freie Wahl der Lebensform für Kleriker. Daher Ablehnung des Zwangszölibats.
  • Nach einer Ehescheidung die Möglichkeit einer zweiten, sakramentalen Ehe.
  • Zulassung von Frauen zu allen Weiheämtern.
  • Einsegnung von schwulen und lesbischen Partnerschaften. Diskussion, ob diese Partnerschaften sehr sakramentalen Ehe gleichgestellt werden können.

Jahrelange, z.T. jahrzehntelange Diskussionen (statt autoritärer Festlegung) waren notwendig, um diese Positionen in der Synode mehrheitsfähig zu machen. Bibeltheologische Argumente, das Verhältnis zur Aufklärung und zu den Menschenrechten (Vermeidung der Diskrimi-nierung von Frauen, Lesben und Schwulen) waren entscheidend. Die großen Verwerfungen in all diesen Fragen in unserer römisch-katholischen Schwesterkirche macht uns einerseits traurig, andererseits bestätigt sie uns in unserem grundsätzlich anderen Weg in diesen Fragen. Natürlich ist auch unsere alt-katholische Kirche noch nicht am Ziel, sondern bleibt auf dem Weg durch die Zeit. Die Kirche ist dann eher eine Dauerbaustelle. Das Frauenpriesterinnentum ist in der Praxis noch nimmer schwach entwickelt und muss dringend ausgebaut werden als Ausgleich zur Männerdominanz. Klerikalismus ist auch für die alt-katholische Kirche immer noch eine Versuchung. Verstehe ich mich als priesterlicher Vorsteher der Gemeinde über und vorgeordnet, oder verstehe ich mich als Mitglied der Gemeinde in besonderer Weise in Dienst und Verantwortung genommen? Muss ich mich grundsätzlich in der Liturgie im Altarraum aufhalten (auch ohne Funktion) oder kann ich dann auch unter den anderen Gemeindemitgliedern Platz nehmen? Das durch die Taufe allen (!) Christen vermittelte „allgemeine Priestertum“ und das durch die Weihe übertragenen Priestertum sind sich zunächst einmal sehr ähnlich: Der Dienst an der Gemeinde ist der Kern der priesterlichen Tätigkeit. Da sollte für Klerikalismus kein Raum bleiben.

 

Konflikte, Mediation und Versöhnung.

Gerade als synodale, also nicht-autoritäre Kirche bietet die alt-katholische Kirche gute Voraussetzungen zur Entwicklung einer fairen Streitkultur. Dass es in Gemeinden auch Streit und Auseinandersetzungen geben kann, ist ja nicht das eigentliche Problem (wir sind unterschiedliche Menschen), aber der Umgang damit! Es gibt Gemeinden, die nur scheinbar friedlich miteinander auskommen. Konflikte werden verdrängt und dann kaum wahrgenommen. Im Streit Unterlegene verlassen meist geräuschlos die Gemeinde. „Die kommen nicht mehr“, wird vielleicht achselzuckend von einigen festgestellt. Andere Gemeinden erleben einen handfesten Krach, aber wenn das „Gemeindeestablishment“  (Klerus, Kirchenvorstand, langjährige Mitglieder) sich auf Dauer stur stellt, kann man auch solche Konflikte einfach aussitzen. Das hat natürlich mit Fairness nichts zu tun. Der liturgische Friedensgruß wird den Unterlegenen (wenn sie denn noch da sind) als Hohn empfunden.

 

Was ist zu tun?

Wenn unser Klerus in seiner Ausbildung auch in Konfliktmanagement geschult wird und wenn das den Mitgliedern des Kirchenvorstands obligatorisch zu Beginn ihrer Tätigkeit angeboten wird, sind wir ein riesiges Stück weiter. Unterlegene könnten sich an den Kirchenvorstand wenden. Klärung und Versöhnung kann dann konkret werden. Was aber, wenn Klerus und Kirchenvorstand eng in den Konflikt verwoben sind? Schon längst hat die Sozialwissenschaft Methoden der Konfliktlösung entwickelt. Mediation ist eine von ihnen. Eine Kirche von morgen, Bischof, Synodalvertretung und Synode voran, hätte ein Mediationsangebot bistumsweit schon längst eingeführt und Klerus und Kirchenvorstände darauf verpflichtet. Mediation kennt ja keine Verlierer. „Selig, die Friedensstifter!“ wird hier konkret. Schulklassen (Streitschlichter), einige Verbände und auch öffentliche Institutionen (z.B. Kommunen) haben schon seit Jahren Mediationsverfahren eingeführt. Da kann und darf eine dem Frieden und der Versöhnung verpflichtete Kirche nicht fehlen.

 

Zusammenfassung.

Die alt-katholische Kirche von morgen ist schon heute spürbar, wo sie sich weit ökumenisch öffnet und den breiten Raum der schon möglichen Kooperation aktiv nutzt, zugleich aber auch ihre konfessionellen Eigenheiten selbstbewusst-werbend lebt als Angebot auch für die anderen Konfessionen mit der Bereitschaft, auch von den andern im guten und fairen Dialog zu lernen. Die alt-katholische Kirche von morgen strebt keine endgültig-abschließenden Lösungen an; sie sind schlichtweg unmöglich. Die Folge wäre nur neuer Stillstand. Lösungen in dieser Welt sind nur auf Zeit denkbar. Kirche ist und bleibt eine Dauerbaustelle im guten Sinn. Alle sind eingeladen, ihre spezifischen Fähigkeiten einzubringen und auf dieser Baustelle mitzuarbeiten. Schon heute brauchen wir diese Kirche von morgen, die sich in der Nachfolge Jesu konfliktfähig und versöhnungsbereit zugleich dialogisch auf die Menschen einlässt.

 

 

Wir danken Herrn Heidrich für die Zurverfügungstellung dieses interessanten Beitrags. Der Text von Raimund Heidrich wurde auch in der Zeitschrift "Christen Heute" vom Mai 2019 publiziert. Hervorhebungen hier durch den Homepagebetreiber.

Kontakt:

Prof. Dr. Torsten H. Kirstges

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Aktuelles:

Regelmäßig Samstagabend, 18:00 h, Eucharistiefeier.   Kommt und seht!

 

 

 

Da sich unser Gemeindeleben im Wesentlichen auf den Gottesdienst am Samstagabend um 18 h beschränkt, erfolgt hier seit Mai 2018 keine individuelle Terminankündigung dieses regelmäßigen Gottesdienstes mehr. Besondere Gemeindegottesdienste (z.B. ökumenischer Art) werden hier noch explizit angekündigt.

Diese Internetpräsenz ist (in ihrer erstmaligen Fassung) seit 20.1.14 online.

Dies ist eine privat betriebene und gepflegte, privat verantwortete  Internetseite, die allgemein über die Wilhelmshavener Gemeinde, den Alt-Katholizismus, den alt-katholischen Glauben, auch im Unterschied zu anderen christlichen Glaubensrichtungen, sowie über vieles mehr im Kontext von Glaube, Religion und Kirche informiert und inspirieren soll. Sie dokumentiert insbesondere die spezifische Entstehungsgeschichte der Wilhelmshavener alt-katholischen Gemeinde und zeigt deren Aktivitäten auf. Die Informationen und Texte auf dieser Seite spiegeln die Sichtweise der jeweiligen Autoren, insbesondere die des Seitenbetreibers, nicht aber die der gesamten Gemeinde und/oder des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland, wider. Die offizielle und von der Gemeinde verantwortete Homepage der Alt-Katholischen Gemeinde Wilhelmshaven finden Sie hier:

https://www.alt-katholisch.de/unsere-gemeinden/gemeinde-wilhelmshaven-startseite/

 

Die Homepage des Bistums finden Sie hier: www.alt-katholisch.de.

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